M. Nast: Überflutet, überlebt, überlistet

Titel
Überflutet, überlebt, überlistet. Die Geschichte der Juragewässerkorrektionen


Autor(en)
Matthias, Nast
Erschienen
Nidau 2006: Verein Schlossmuseum Nidau
Anzahl Seiten
192 S.
Preis
€ 34,90
Rezensiert für infoclio.ch und H-Soz-Kult von:
Walter Thut

Dieses Buch stellt erstmals umfassend die Geschichte der beiden Juragewässerkorrektionen dar, welche die Landschaft des Seelandes im 19. und 20. Jahrhundert stark veränderten. Der Historiker Matthias Nast macht die Leserschaft mit der Vergangenheit des Gebietes zwischen dem südlichen Neuenburgersee und Solothurn, dem Jurasüdfuss und dem Hügelgebiet östlich einer Linie Payerne–Murten–Aarberg–Büren–Solothurn bis zurück in die Jungsteinzeit vertraut. Man erhält zu verschiedenen Zeitabschnitten einprägsame Bilder und eine Fülle von Informationen. Besonders verdienstvoll ist die Aufarbeitung der jüngsten Vergangenheit bis in den Herbst 2006. Die letzten noch gut in Erinnerung gebliebenen Wetterkapriolen und Bedrohungen durch die Natur helfen mit, sich in die Situation der Menschen im Gebiet der drei Seen und des mittleren Aarelaufes vor den Korrektionsmassnahmen einzufühlen. Damals genügte das technische Instrumentarium zum Abwenden von Katastrophen trotz der erzielten Fortschritte nicht; deshalb wurden die Menschen im Seeland immer wieder Opfer der Launen der Natur.

Der Autor macht die Leserin und den Leser mit dem Lebens- und Wirtschaftsraum bekannt und weckt so das Verständnis für den sorgsamen Umgang mit dieser Gegend. Er präsentiert im meist farbig bebilderten Buch die Vergangenheit des grössten Sumpfgebietes der Eidgenossenschaft, das zu fünf Kantonen gehört, und seine Umgestaltung zum Gemüsegarten der Nation hauptsächlich aus der Optik von Geschichte, Politik und Ökologie. Bilder und Texte stellen eine Vertrautheit gegenüber dem Raum her. Die Inhalte sind in einer leserfreundlichen Weise präsentiert, die an die Machart von Ausstellungen erinnert. Die verhältnismässig kurzen Texte sind mit vielen Karten und Plänen sowie historischen und aktuellen Fotos und Kästchen mit Zusatzinformationen oder Erklärungen ergänzt. Sie waren wohl so oder in ähnlicher Weise auch Teil der 2004 zu diesem Thema eingerichteten Ausstellung im Schlossmuseum Nidau.

Die Schilderung des Natur- und Kulturraumes über die Jahrhunderte wird von
der frühen Neuzeit an ausführlicher, weil erst seit 1500 Massnahmen zur Abwehr von Hochwassern und Überschwemmungen nachweisbar sind. Im ausgehenden 18., vor allem aber im 19. Jahrhundert, begannen im Wasserbau erfahrene Männer wie Bodmer, Tillier, de Rivaz, Mirani, Hebler, Lanz, Lebewel und Tulla, sich mit Massnahmen zur Besänftigung des «Aareteufels» zu beschäftigen. Aber erst mit der Vergabe des Projekts an eine private Gesellschaft in den 1830er-Jahren und mit der ersten Bundesverfassung von 1848, die so genannte «Öffentliche Werke» ermöglichte, ging es voran. 1840 präsentierte der Bündner Kantonsingenieur Richard La Nicca ein Projekt, das jedoch erst 1868 gestartet wurde. Die Arbeiten dauerten bis 1891 und überboten in ihrem Umfang alles bis dahin Dagewesene, da sie im Seeland eine Fläche von 400 km2 oder ein Prozent der Fläche der Schweiz betrafen. Die Ära des Modellierens einer Landschaft war damit auch in der Schweiz angebrochen, nachdem dank der Koordination des Bundes das Bereitstellen von Geld einfacher wurde und die bis anhin unzulänglichen technischen Kenntnisse nun vorhanden waren. Ab 1875 wurde auch an der Binnenkorrektion gearbeitet. Die Massnahmen genügten aber nicht. So verband die zweite Juragewässerkorrektion zwischen 1962 und 1973, die unter der Leitung von ETH- Professor Robert Müller stand, die drei Seen so miteinander, dass sie eine hydraulische Einheit bilden. Dazu kamen Verbesserungen am Abfluss aus dem Bielersee. Die Darstellung der Geschichte der grössten je ausgeführten Wasserbaumassnahmen innerhalb der Schweiz lebt von der Vielfalt an Aspekten der Technik und von den Menschen, die im Zentrum des Geschehens standen: Johann Rudolf Schneider, Friedrich Emanuel Witz als Prominente und die vielen Menschen, die in dem Gebiet lebten.

Zitierweise:
Walter Thut: Rezension zu: Nast, Matthias: Überflutet, überlebt, überlistet. Die Geschichte der Juragewässerkorrektionen, Nidau, Verein Schlossmuseum Nidau, 2006, 192 S., ill. Zuerst erschienen in: Berner Zeitschrift für Geschichte, Jg. 69, Nr. 3, Bern 2007, S. 220f.

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Zuerst veröffentlicht in

Berner Zeitschrift für Geschichte, Jg. 69, Nr. 3, Bern 2007, S. 220f.

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